Ein
letzter Blick zurück aufs Boot, dann kehren wir der „Toundra“ unsere Rücken zu
und rumpeln mit unserem Gepäck über den Steg in Richtung Restaurant. Wir
genehmigen uns ein währschaftes türkisches Frühstück mit Fleisch, Käse,
Früchten, Gemüse, Marmelade etc. Selbst ein Spiegelei darf nicht fehlen. Feine
Sache.
Zum
Glück ist der Taxistand gleich nebenan. Wir wollen nämlich in ein Hotel in der
Nähe, das uns empfohlen wurde. Man kann da gegen eine kleine Gebühr den Pool
benützen. Genau richtig bei diesen Temperaturen um die Zeit bis zum Abflug totzuschlagen.
Der
ältere Taxifahrer ist sehr dienstbeflissen und will die Gepäckstücke selbst im
Wagen verstauen. Auf der Fahrt fragt er, wann wir abfliegen müssen und bietet
uns an, uns am Nachmittag im Hotel abzuholen und zum Flughafen zu fahren.
Dieses Angebot nehmen wir gerne an.
Im
Hotel gibt es kein Restaurant. So lümmeln wir an der Poolbar und im und am Pool
herum. Dabei werden wir immer schläfriger. Aber wir haben ja unseren
zweibeinigen Wecker. Er schaut, dass alle rechtzeitig wieder bereit sind um im
nahen Restaurant essen zu gehen. Nachdem wir aus der Vitrine die Vorspeise,
Fisch und Fleisch ausgesucht haben lassen wir uns an einem schattigen Platz
nieder und geniessen die Aussicht aufs Meer zusammen mit einem Bier.
Viel
zu schnell verfliegen die letzten Minuten und wir müssen zurück zum Hotel. Hier
wartet auch schon der Taxifahrer und wir machen uns sogleich auf den Weg zum
Flughafen Dalaman.
Wir
brauchen uns nicht zu beeilen, unser Flug hat schon wieder Verspätung. Macht ja
nichts, wir sind immer noch in den Ferien. Während wir gemütlich warten, braut
sich draussen ein Gewitter zusammen. Und plötzlich giesst es wie aus Kübeln!
Hier! In der Südtürkei! Im trockenen Sommer! Offenbar wird unser Gepäck genau
jetzt ins Flugzeug verladen. In Zürich stellen wir dann nämlich fest, dass die
Reisetaschen z.T. noch nass sind und sich die Etiketten vom check-in in eine
klebrige Masse verwandelt haben.
Schlussendlich
kommen wir noch knapp vor Mitternacht an. Das hat den Vorteil, dass der Zoll
bereits geschlossen ist und den Nachteil, dass der Duty Free Shop um diese Zeit
ebenfalls schon dicht gemacht hat. Im Weiteren wird es bereits knapp für alle,
die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause wollen. Deshalb
verabschieden wir uns schnell, damit alle rechtzeitig den Zug erwischen. Bald
treffen wir uns ja wieder zum „Nachsegeln“.
An
diesem Morgen geniessen wir den Pool ausgiebig. Ist mal was anderes mit
Süsswasser. Wir haben es nicht eilig. Die letzte Etappe zurück nach Göcek ist
wiederum kurz. Wir müssen nur darauf achten, dass wir spätestens um 1700 Uhr
zurück sind.
So
fahren wir erst um 1125 Uhr los. Neptun kriegt sofort eine (letzte) grosse
Portion vom üblichen Getränk.
Er wird
sich dankbar zeigen, denn nachdem wir die lange Hafeneinfahrt hinter uns
gelassen haben, treffen wir eine schöne Brise von 4 Bft. an. Sofort gehen die
Segel hoch.
Bald
lässt der Wind nach und wir versuchen, weiter hinaus zu fahren. Da scheint es
etwas mehr Wind zu geben. Und wirklich, bald pfeifen uns 5 – 6 Bft. um die
Ohren. Jetzt müssen wir doch tatsächlich am letzten Tag – zum ersten Mal in
dieser Woche – die Genua reffen. Das soll wohl das Abschiedsgeschenk von Neptun
sein. Wir geniessen so die letzten Stunden auf dem Meer in vollen Zügen.
Leider
müssen wir allzu schnell wieder umkehren, damit wir rechtzeitig in Göcek sind.
Dadurch segeln wir zurück in ein Gebiet, wo es weniger Wind hat. Trotzdem
schaffen wir es bis ca. 3 Meilen vor den Hafen mit Windkraft. Hier wird es
wieder etwas eng. Alle Charterboote wollen zurück und müssen eine enge
Durchfahrt passieren. Also packen wir definitiv zusammen und starten den Motor.
Bald
nähern wir uns der Tankstelle und warten, bis wir an der Reihe sind. Es wird
hier nicht nur Diesel aufgefüllt, sondern auch der Schmutzwassertank abgesaugt.
Das muss unbedingt sein, damit dies auf der „Blue Card“ elektronisch vermerkt
wird und die nächste Crew wieder ein Transitlog erhält. Beim Wegfahren gibt es
fast noch eine Kollision mit einer anderen Segelyacht. Die Angestellten haben
uns beide das o.K. für die Weiterfahrt gegeben, also fahren beide zusammen los.
Nur ein beherztes Bremsmanöver kann verhindern, dass sich die beiden Boote
berühren.
Jetzt
werden wir an einen Anlegeplatz eingewiesen.
Dann machen wir uns hinter die
letzten Vorräte. Die letzten Bierdosen werden hervorgeholt, ebenso die letzten
Pistazien und auch die letzten Melonenschnitze müssen dran glauben. Diese
riesige Melone hat für die ganze Woche gereicht! Das mit den kaputten
Pistazien-Fingernägeln bzw. Hornhaut an den Fingern scheint nicht so schlimm zu
sein. Aber die feinen Pistazien werden wir in der nahen Zukunft wohl alle
vermissen.
Jetzt
geht es endgültig ans zusammenpacken. Zum Fahnenmarsch wird die Schweizerfahne
eingerollt.
Dann packt auch jeder seine persönlichen Sachen zusammen und schon
sind wir bereit, im nahen Restaurant ein Nachtessen zu geniessen.
Wir
schlagen nochmals richtig zu und lassen unseren Gaumen verwöhnen.
Der Service,
der überhaupt nicht funktioniert, stört uns nicht weiter, denn das Essen
schmeckt hervorragend. Und dazu passt ein türkischer Wein mit dem klangvollen
Namen „Terra Bogazkere-Öküzgözü“. Die Rechnung muss dann genau kontrolliert
werden. Und tatsächlich, es haben sich mehrere Fehler eingeschlichen. Wir
verlangen eine neue Rechnung, doch auch diese ist noch nicht ganz i.O. Dafür
entschädigt uns die Präsentation der Rechnung. Sie kommt nämlich in einer
niedlichen kleinen Schachtel daher, die mit vielen Muscheln verziert ist.
Liebevoll rollen wir unsere Banknoten zusammen, damit sie auch schön in der
Schachtel Platz haben.
Die
Bar lassen wir heute schnöde liegen und gehen gleich zurück aufs Boot. Wir
wollen auch noch die allerletzten Getränke vernichten. Und allzu lange sollten
wir nicht wach bleiben, denn morgen müssen wir bereits vor 0900 Uhr das Boot
verlassen haben.
6. Tag
(Donnerstag, 14.06.2012) SIRALIBÜK
LIMANI (DEEP BAY) – FETHIYE
Heute
können
wir endlich wieder einmal ausschlafen. Aber welche
Ironie: ausgerechnet heute wird unser Frühaufsteher mit einem wundervollen
Sonnenaufgang belohnt.
Es
geht trotzdem noch eine ganze Weile, bis alle wach sind, das Morgenbad genommen
haben und das Frühstücksbuffet geplündert wurde. Dann endlich, gegen Mittag,
verabschieden wir uns vom guten Geist der Bucht (eine Felsformation, die wie
ein Gesicht aussieht) und machen die Leinen los.
Unser
Tagesziel heisst Fethiye. Da aber der direkte Weg dorthin ziemlich kurz ist,
beschliessen wir, einen grossen Bogen hinaus in die Bucht zu fahren. Wir sind
ja schliesslich zum Segeln hier! Vorbei geht es unter Motor an Segelyachten, an
einfachen Fischerbooten, an Luxus-Motoryachten und an Gülets, bis wir einen
Windhauch spüren. Sofort werden die Segel gesetzt. Die knapp 3 Bft. wollen
ausgenützt sein.
Endlich
sind wir an einem Punkt, wo wir den Schmetterling machen können und direkt
Richtung Fethiye segeln können.
Schnell eine Bullentalje montiert und los
geht’s. Mehr als 2 Stunden können wir auf diesem Kurs fahren.
Selbstverständlich hat jeder die Gelegenheit, seine Steuerkünste unter diesen
speziellen Bedingungen zu trainieren. Es ist nicht immer einfach, so zu fahren,
dass der Wind immer genau von hinten kommt. Es braucht schon etwas Übung. Der
Steuermann ist manchmal froh, dass das Bimini eine Öffnung hat, durch die er
den Verklicker zuoberst am Mast im Blickfeld hat (Achtung, Genickstarre).
Die
Einfahrt nach Fethiye führt um ein paar Ecken herum.
Es gibt mehrere Häfen und
somit auch ziemlich viel Schiffsverkehr. Das macht aber nichts, es gibt genug
Platz für alle. Gleich neben der Ece-Marina ist eine Sunsail-Basis mit eigenem
Steg. Zunächst scheint sich niemand um uns zu kümmern und uns einen Platz
zuzuweisen. Also drehen wir noch eine Runde. Endlich erscheint ein Angestellter
und winkt uns an einen freien Platz. Wir werden freundlich empfangen und sofort
mit Strom versorgt.
Dann
müssen wir zuerst die Anlage besichtigen. Der Angestellte zeigt uns voller
Stolz den Swimming-Pool, den wir benützen können und führt uns in das dazugehörende
Hotel Yacht Classic. Hier ist auch ein Hamam, aber es hat keiner von uns so
richtig Lust, bei den gegenwärtigen Aussentemperaturen auch noch in ein
türkisches Bad zu gehen. Wie üblich ist auch das Restaurant direkt am Wasser
angesiedelt.
Das
Nachtessen ist hervorragend und wir genehmigen uns nicht nur eine Vorspeise und
einen Hauptgang, sondern auch ein Dessert.
Zusammen mit dem Rotwein erreichen
wir bald die nötige Bettschwere und verkriechen uns nach einem kurzen
Schlummertrunk auf dem Boot in unsere Kojen. Morgen wird schon unser letzter
Tag auf See sein. So schnell vergeht die Zeit.
Auch
wenn es 2 Stunden später ist als gestern, ist es doch noch ziemlich früh am
Morgen. Trotzdem: Frühstück und Leinen los. Heute um 0950 Uhr. Wir verabschieden uns nur ungern von diesem gastlichen Ort.
Zunächst fahren
wir ein Stück mit dem Motor, aber bald nimmt der Wind zu und wir können wieder
die Segel aufziehen. Für eine Weile erfreuen wir uns wieder an „Champagne
Sailing“. Es gibt noch 2 andere Segelschiffe, die das gleiche Ziel wie wir zu
haben scheinen. Zum Glück verhalten wir uns taktisch geschickter und schlagen
früh genug einen Haken weg vom Land. Draussen hat es mehr Wind und so können
wir das andere Segelboot überholen. Gut gemacht! Das macht Spass!
Leider
ist die Herrlichkeit schon am frühen Nachmittag wieder vorbei und wir müssen
die restliche Strecke mit dem Motor zurücklegen. So können wir in Ruhe ein
z’Vieri nehmen und uns im Pilot Book einen Platz für heute Abend suchen. Da wir
im Vorratsschrank eine Portion Spaghetti und Zutaten haben, entschliessen wir
uns, eine einsame Bucht ohne Restaurant zu suchen, wo wir ankern können. Das
ist gar nicht so einfach. Es scheint, dass auch in der hintersten Ecke noch ein
geschäftstüchtiger Wirt auf Gäste lauert.
Doch
endlich finden wir die „Deep Bay“ oder Siralibük Limani, wie es auf Türkisch
heisst. Wir fahren vorsichtig hinein. Es sind schon einige Boote hier (auch ein
grosses Gület), die sich offenbar für die Nacht eingerichtet haben. Beim
Näherkommen entdecken wir, dass mehrere Bojen bereitstehen. Wir suchen uns also
eine freie Boje und machen um 1715 Uhr daran fest. Das Schild sagt: 35 m / 10
t. Gerade richtig für uns.
Jetzt
wäre ein erfrischendes Bad richtig.
Der erste montiert die Badehose. Doch so
schnell er im Wasser ist, so schnell ist er auch wieder zurück im Boot.
Quallen! Viele Quallen, ein ganzer Schwarm dieser kleinen, durchsichtigen
Dinger schwimmt um das Boot herum. Da ist es wohl angeraten, nicht ins Wasser
zu steigen. Wir warten, bis der Schwarm vorüber gezogen ist und machen dann
einen neuen Versuch. Es war wohl etwas zu früh, die Quallen sind wieder hier.
Noch länger warten? Nein, es packt uns die Neugier und wir versuchen, eine in
die Hand zu nehmen um herauszufinden, ob es wirklich sticht oder brennt. Nach
dieser Prüfung werden sie als ungefährlich taxiert und wir wagen uns ins kühle
Nass.
Vielleicht war das etwas voreilig, denn mindestens einige brennen
tatsächlich wie Brennnesseln. Macht nichts, so schlimm ist das ja nicht, und
jetzt sind sie sowieso ganz weg.
Es
ist recht friedlich hier. Keine lauten Nachbarn. Keine Hektik, wenn wieder eine
Yacht am Steg anlegt. Kein Wirt, der vorbeikommt und fragt, wieviel Personen
zum Nachtessen kommen. Kurzum, ein Platz zum Träumen. Wir haben nicht einmal
das Bedürfnis, das Dinghi bereitzumachen und so die Bucht zu erkunden. Das
Geknatter des Aussenborders würde irgendwie stören und nicht zur Stimmung
passen.
Doch
alles hat mal ein Ende und wir machen uns an die Arbeit. Einer macht die
Salatsauce, ein anderer kümmert sich um die Spaghetti.
Bald ist alles fertig
zubereitet und wir stürzen uns mit Heisshunger auf die leckere Mahlzeit. Auch
wenn der Inhalt der vermeintlichen Tomaten-Sauce-Büchse (türkisch ist halt
nicht immer leicht zu verstehen) nicht ganz den Erwartungen des Kochs entsprochen
hat, ist trotzdem nichts daran auszusetzen. Auf jeden Fall haben wir kein
Katzenfutter genossen. Zusammen mit einem Schluck Rotwein geniessen wir die
Abendstimmung.
Wir
beobachten schon seit längerer Zeit ein Gewitter, das in der Ferne vorbeizieht.
Und plötzlich fängt es auch bei uns an zu regnen.
Wir beeilen uns mit dem Essen
und verkriechen uns dann schnell in den Salon. Ist doch viel gemütlicher im
Trockenen. Da gibt es jetzt einen Kaffee mit Zusatz.
Es
dauert nicht lange und der Spuk ist vorbei. Sofort begeben wir uns wieder nach
draussen ins Cockpit und diskutieren über Gott und die Welt und die Technik und
die Ingenieurskunst und…